4. Juni 1945 –
Aufgenommen am 8. Januar 2013 in Pont-la-Ville.
André Ducret – Association Films Plans-Fixes (plansfixes.ch)
> Während der Aufnahme erwähnt André Ducret zweimal, er komme aus sehr bescheidenen Verhältnissen. Man merkt es ihm an. Er nähert sich, psychologisch betrachtet, dem Betrachter schräg von unten her. Also keine Spur von Herablassung. Selbst wenn er zugibt, dass er auf einzelne seiner Kompositionen stolz ist, sagt er das mit dem Gestus der Bescheidenheit.<
Die fünfhundert Kompositionen, die André Ducret bis 2013 (das heisst bis zum Alter von 67 Jahren) geschrieben hat, werden in der Universitätsbibliothek von Freiburg i. Ü. aufbewahrt – gleich wie die Hinterlassenschaften der Abbés Pierre Kaelin und Joseph Bovet. (Von letzterem stammen die volkstümlichen Evergreens „Le vieux chalet“ und „La fanfare du printemps“.) Ducret, Bovet und Kaelin stehen für die Blüte der Laienmusik im Freiburgerland.
Bis in die jüngste Zeit hatte jedes Dorf der Westschweiz seine Blasmusik (la fanfare), seinen Frauen- und Männerchor. Die Leiter betätigten sich hauptberuflich als Lehrer, sei es an der Volksschule oder am Seminar. Zu den imponierenden Gestalten, welche die „Plans Fixes“ erfasst haben, gehören > André Charlet, > Jacques Pache und > Robert Mermoud.
Jetzt will Mélanie Croubalian wissen, wozu das ganze Musikwesen gut sei. André Ducret antwortet: „Wenn man musiziert, ist man in einzelnen, besonderen Momenten nicht mehr sich; man ist mehr als sich.“ (On n'est plus soi, on est plus que soi.) Die Sänger verlassen den Alltag. Sie treten in eine andere Welt.
Um die Menschen zu diesem Übergang zu führen, braucht es eine besondere Begabung. André Ducret hat sie. Mit Einfallsreichtum, Schwung, Humor und Offenheit trägt er seine Sache vor. Die Journalistin aber, der beigebracht wurde, dass man eine „kritische Haltung“ einzunehmen habe, engt den Befragten auf die Begriffe „Betty Bossi“, „Showman“ und „Eklektiker“ ein. Damit bricht sie die Dynamik des Gesprächs, und nach dem ersten Drittel verliert sich der Film in ziellosem Herumstochern: „Was haben Sie noch für Pläne?“ „Wie möchten Sie alt werden?“
Es spricht für André Ducret, dass er Spontanität und Elan behält. Es liegt ihm offensichtlich am Herzen, dass der Austausch lebendig bleibt. Aus diesem Grund arbeitet er auch gern mit Kindern. Sie haben noch keine konventionellen Attitüden, sondern zeigen durch ungefilterte Reaktionen, bei welchen Situationen sie ein- und bei welchen Situationen sie abhängen.
An André Ducret ist ebenfalls ablesbar, wo er steht. „Showman“ bedeutet in seinem Fall, dass er das Gegenüber durch Ansprache einlädt, die Reserve aufzugeben, auf ihn einzugehen und seinen Rhythmus zu übernehmen, so dass durch gemeinsame Bewegung etwas entsteht, das nur durch gegenseitigen Austausch geschaffen und erlebt werden kann.
„Betty Bossi“ und „Eklektiker“ anderseits bedeutet bei André Ducret Weite des Gesichtswinkels. Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; und jeder geht zufrieden aus dem Haus. Demzufolge führt der Dirigent die Chöre zu möglichst unterschiedlichen Ausdrucksformen der Musik. Gleichzeitig erfüllt er durch Abwechslung die oberste Bedingung des erfolgreichen Unterrichtens: „Never be boring.“